Sonderbauten der DDR-Moderne

Quelle: Hochschule Wismar

Der Nachlass der Bauingenieurs Ulrich Müther befindet sich seit 2006 an der Hochschule und wird innerhalb des Projektes archivarisch erschlossen und wissenschaftlich bearbeitet, um ihn für die Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Mit seinen Betonschalen hat Ulrich Müther (1934–2007) einen bedeutenden Beitrag zur Architektur der DDR geleistet. Vor allem an der Ostseeküste errichtete der auf Rügen geborene Bauingenieur und Unternehmer eine Reihe spektakulärer Bauten. In Mecklenburg-Vorpommern zählen der „Teepott“ in Rostock-Warnemünde und der Rettungsturm in Binz zu seinen bekanntesten Werken. Bauten, die unter maßgeblicher Beteiligung Müthers und seiner Mitarbeiter – häufig in Kooperation mit Architekten – entstanden, finden sich darüber hinaus in Berlin, Potsdam, Magdeburg und anderen Regionen, auch außerhalb Deutschlands. Schon früh spezialisierte Müther sich auf Betonschalen, die als hyperbolische Paraboloide konstruiert waren. Sie fanden vorwiegend Verwendung für Messe- und Ausstellungsbauten, als Gaststätten und als Mehrzweck- oder Kaufhallen, die der Infrastruktur in den seit den 1960er Jahren entstandenen Großsiedlungen dienten. Mit ihrer Eleganz und Leichtigkeit bildeten sie einen Kontrast zu der vielfach durch Einheitlichkeit geprägten Architektur der DDR. Zugleich eröffnete Müthers Methode, dünne Schalen im Spritzbetonverfahren zu errichten, die Möglichkeit einer zwar personalintensiven, aber materialsparenden Bauweise. Viele seiner Schalenkonstruktionen stehen mittlerweile unter Denkmalschutz, nicht wenige wurden sachgemäß restauriert und sind in Gebrauch. Manche harren allerdings noch einer Revitalisierung, einige befinden sich aufgrund jahrelanger Vernachlässigung in einem schlechten Zustand. Der umstrittene Abriss des Restaurants „Ahornblatt“ im Zentrum Berlins im Jahr 2000 und die damit verbundene öffentliche Diskussion haben zu einer wachsenden Sorgfalt im Umgang mit der Architekturmoderne der Nachkriegszeit beigetragen. Seit 2006 wird der umfangreiche berufliche Nachlass Ulrich Müthers an der Hochschule Wismar aufbewahrt.

Er enthält Originalpläne, Fotografien, Schriftgut und Modelle, außerdem eine Fachbibliothek sowie einige technische Geräte und Mobiliar. Dieser Bestand wird seit April 2017 in dem auf drei Jahre angelegten Projekt archivarisch erschlossen und wissenschaftlich bearbeitet. Ermöglicht durch eine Förderung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung im Rahmen des Programms „Vernetzen – Erschließen – Forschen. Allianz für universitäre Sammlungen“ und fachlich unterstützt durch das Baukunstarchiv der Akademie der Künste in Berlin, soll das Müther-Archiv zu einer dauerhaft nutzbaren Forschungseinrichtung ausgebaut werden. Die Ergebnisse sollen Impulse für weitere Forschungen geben und das Bewusstsein für die Nachkriegsmoderne und ihre spezielle ostdeutsche Ausprägung sensibilisieren.


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